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Diese Stimme lebt den Rock
Ein Konzert-Erlebnis der englischen Band Deep Purple auf dem Bonner Museumsplatz - Mehr als 8000 Besucher Bonn. Die einen lassen ihr Zwerchfell bühnennah mit dem Bass von Roger Glover und dem Schlagzeug von Ian Paice tanzen, andere genießen laute Musik lieber aus der Ferne - mit Feldstecher oder Opernglas. Beides war beim Auftritt von Deep Purple auf dem Museumsplatz zu sehen. Und gefragt war hier eigentlich auch jeder Platz - vor und hinter der Platzabgrenzung tummelten sich die Fans der legendären Band, zumal das Bonner Konzert auch schon Wochen zuvor ausverkauft war. Mit weit mehr als 8 000 Zuhörern genossen sogar mehr als bei Joe Cocker im vergangenen Jahr den Bonner Auftritt der 1968 gegründeten Band, der nachgesagt wird, mit Titeln wie "Speed King" den Hardrock erfunden zu haben. Was ist also geblieben von all der Energie, Kraft und Spielfreude, wenn sich das Programm auch noch größtenteils aus alten Nummern, wie dem Megahit "Smoke On The Water", Rockballaden, wie "Blind Man" oder Klassikern, wie "Hush" und "Perfect Strangers" nährt? Und wie verwaltet dabei Gitarrist Steve Morse, der seit 1996 dabei ist, das unvergessene Erbe von Ritchie Blackmore, dessen Stelle nach 1975 immer wieder frei wurde? Unvergessen, wie konzertant sich die beiden Bandgründer Blackmore und John Lord (Keyboards) bei ihren Soloeinsätzen die Bälle zuspielten. Hartgesottene Blackmore-Anhänger können die kreativen Gitarrensoli mit klassischer Ausrichtung sicherlich nicht vergessen und trauern dem kreativen Zusammenspiel der beiden noch heute nach. Ihnen ist Morse in seinen Solo-Improvisationen ein Stück zu amerikanisch, vielleicht sogar zu tonverschwenderisch und in den Begleitpassagen vergleichsweise auch zu präsent. "Neueinsteiger" in Sachen Deep Purple saugen demgegenüber den urigen Rock der Band in sich auf. Die alten Nummern sind dabei keineswegs nur aufgewärmt. Das Live-Erlebnis von Deep Purple lebt in all seiner Erfindungs- und Spielfreude aus einer starken Bühnenpräsenz des Quintetts. Jon Lords experimentierfreudiges Tastenspiel übernahm im Bonner Konzert der Keyboarder Don Airey; Lord war wegen einer Operation am Knie verhindert. Mit dem klassischen Intro zu "Perfect Strangers" schlug Airey den Bogen zum Rock über Bach, Mozart und Gershwin. Einzigartig ist natürlich jede Stimme. Und die von Ian Gillan ist noch ein Stück einzigartiger. Gillan verbraucht sich - zumal über drei Jahrzehnte - mit jedem Song. Er schreit, wütet und lebt den Rock mit einer schier unfassbaren Fitness der Stimmbänder.
Sent in by Thomas Wieschke
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