Von reifer Zurückhaltung rein gar nichts zu spüren

Die langen Haare lässig in den Nacken zu schütteln und als Highway Star Vollgas geben - ein bisschen von der Sehnsucht nach Wildheit hatten die Stadthallengäste am Mittwoch alle in den Augen. Auf der Bühne rockte Deep Purple, davor spürten Lederhosentypen und Schlipsträger gleichermaßen den Bässen in der Magengegend nach. Auftakt für die Deutschlandtournee "Rock Summer 01".

"Live keeps fresh" - "Live-Auftritte halten frisch", so versicherte der 55-jährige Bassist Roger Glover noch kurz vor dem Konzert. Und dann bewies er es. Eine Stunde und vierzig Minuten lang traktierten die fünf Herren ihre Instrumente und von reifer Zurückhaltung war dabei rein gar nichts zu spüren. Etliche Besetzungswechsel hat es in den 30 Jahren Bandgeschichte schon gegeben. Zuletzt war vor sieben Jahren Jungspund Steve Morse dazugekommen. Und Glover ist überzeugt: "Er brachte uns zurück zu unseren Wurzeln."

"Hush", "Fools", "Mary Long" - vor allem ihre ganz alten Hits hatten die Musiker in Rostock mit im Gepäck. Wegen zwei Knieoperationen fehlte zwar Keyboarder Jon Lord. Doch Don Airey, der bereits für Whitesnake, Black Sabbath und Gary Moore gespielt hat, vertrat ihn würdig und servierte die Intros auf der Hammond-Orgel als würde auch er schon seit den 60ern mit Deep Purple touren. Die typischen Wechsel von Rimskij-Korsakow über Gershwin zum Hard-Rock oder später die kurze Reise durch die Rockgeschichte hin zum Kultsong "Smoke on the water" - Deep Purple zelebrieren das. Und selbst Titel, die man nach der tausendsten Wiederholung eigentlich kaum mehr hören mag, reißen live doch wieder mit.

Eine altmodische Band sei Deep Purple, so betont Roger Glover. Und gerade das mache ihren Geist aus. Ob die Herren davon träumen, noch einmal mit einem neuen Hit in die Charts zu kommen? Steve Morse winkt ab: "Dann müssten wir ja das ganze Theater mit Video und MTV mitmachen - ach nein, das brauchen wir nicht mehr." Und Sänger Ian Gillan stellt klar: "Wir haben uns gegen das Showbusiness und für die Musik entschieden." Eine Musik, die nichts so wenig braucht, wie Show. Man muss sie nicht sehen, eigentlich noch nicht einmal hören. Das uralte Rezept für den Genuss von Deep Purple: Augen schließen, Haare in den Nacken werfen und als Highway Star den Rock spüren.

Das Tuch noch immer lässig um den Kopf gebunden, die Spielfreude unübersehbar. Bassist Roger Glover macht kein Hehl daraus: "Wir sind eine altmodische Band."

Katja Bülow/Thomas Niebuhr

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