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Paice & York reviews  

Nicht zu verpaßen

Der Titel ist eigentlich nur die halbe Wahrheit, schließlich waren mit Colin Hodgkinson am Baß und Miller Anderson an der Gitarre noch zwei weitere hochkarätige Musiker auf der Bühne. Zu Beginn sprach Ian ein paar Worte, um dann relativ schnell an Pete York abzugeben, der erstaunlich gut deutsch spricht und das Publikum sofort im Sturm eroberte. Ian und Pete erläuterten kurz, um was es gehen soll, nämlich kein Konzert im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr eine lockere Jam-Session mit Frage- und Antwort-Teilen, in denen Ian und Pete die vielfältigen Fragen der Fans zu allem möglichem beantworten wollten. Und das war wirklich nicht zu viel versprochen!

Nach einigen Stücken zum Warmwerden (deren Titel sind mir leider nicht geläufig) begann dann auch gleich die erste Diskussions-Session. Nach anfänglichem Zögern von Seiten des Publikums kamen die Fragen dann Schlag auf Schlag, und die beiden gaben erschöpfende und sehr unterhaltsame Antworten. Einige der Fragen, an die ich mich noch erinnere:

- Was macht eigentlich XYZ, mit dem Du ABC zusammengespielt hast? Einige der Namen waren etwa Paul McCartney ("Sir Paul! Nice guy") sowie (natürlich) Ritchie Blackmore ("Who? Oh, the guy with the hat!") und viele viele andere, die mit Ian und/oder Pete irgendwann mal zusammen gespielt haben. Es wurde auch von Exzessen einiger Musiker berichtet: Ian gab etwa zu, niemals ein Hotelzimmer verwüstet zu haben, wogegen ein anderer Musiker einen besonderen Trick hatte, um einen Fernseher mit Stil aus dem Fenster zu werfen: er verkleidete sich als Fernsehmonteur, klopfte an irgendeinem Zimmer und gab vor, den Fernseher reparieren zu müssen. Kurz danach fiel selbiger dann aus dem Fenster, einmal auch auf die Motorhaube eines Polizeiautos... Von einigen Kollegen wurde berichtet, daß sie wirklich gut waren, wenn sie denn mal aufrecht stehen konnten. Auch von Tony Ashton wurde erzählt, daß er wohl gerne in der Zeche dabeigewesen wäre, weil er die kleineren Clubs immer lieber hatte als die großen Hallen. Leider waren PAL aber auf Hallen angewiesen, so daß er nicht immer glücklich war. - Wer ist Dein Vorbild als Schlagzeuger? Da ich selber nicht Schlagzeug spiele, konnte ich mir die vielen Namen, die auf diese Frage kamen, nicht merken - sorry! Aber es waren viele, was auch für die Vielseitigkeit der beiden spricht.

- Wann habt Ihr Euer erstes Drumkit bekommen? Ian war 13, Pete 15 (wenn ich mich recht erinnere), vorher hat Ian in der Wohnung alles zum Trommeln benutzt, woraufhin die Eltern irgendwann resignierten und ihm eine Trommel kauften, die irgendwann zum kompletten Schlagzeug wurde.

- Wann hast Du Dich entschieden, ein professioneller Drummer zu werden? Ian antwortete, daß das keine Entscheidung in dem Sinne ist. Man spielt, jemand hört das, und wenn man gut ist, wird man gefragt, ob man nicht in einer anderen (besseren) Band mitspielen möchte. Er hat früh angefangen, zwei Jahre später war er in seiner ersten Band, und nochmal zwei Jahre später bei Deep Purple. Er hatte das Glück, nicht jahrelang erfolglos herumtingeln zu müssen, wofür er sehr dankbar ist.

- Wird es nicht langweilig, zum tausendsten Mal die alten Songs von Deep Purple zu spielen? Ian antwortet, daß das sicher so wäre, wenn es schlechte Songs wären, aber es sind nun mal verdammt gute Songs, und deshalb macht es immer noch Spaß. Außerdem wird bei den Shows viel improvisiert: "Hauptsache, wir fangen zusammen an und hören zusammen auf, was dazwischen kommt, weiß vorher keiner..."

- Kannst Du mal eben die Intro zu Fireball spielen? Ian dreht sich um, verschwindet hinter seinem Instrument, und man hört den gewaltigen Schlagzeugwirbel...

Auf diese Art und Weise unterhielten die beiden das dankbare Publikum und gaben manche Insidergeschichten zum Besten.

Zwischenzeitlich wurden immer mal wieder ein paar Lieder gespielt, unter anderem ein Stück, das auf einem Baßmotiv von Colin Hodgkinson basiert: "Hat er uns vorgestern vorgespielt, mal sehen, was daraus wird..." Black Night und Smoke wurden auch gespielt, wobei sich Miller Anderson an der Gitarre und den Vocals versuchte. Die Gitarre war leider etwas laut und aufdringlich (mag auch an unserem Standort gelegen haben), und der Sound traf nicht so ganz den Geschmack der anwesenden Musiker. Aber alle hatten ihren Spaß, sowohl auf der Bühne als auch davor, das war deutlich zu merken.

Selbstredend wurden in die Songs auch einige Schlagzeugsoli einbezogen, wobei Ian und Pete zeigen konnten, was sie so draufhaben. Ihr Zusammenspiel war trotz oder gerade wegen ihres sehr unterschiedlichen Stils einfach atemberaubend. Ian spielte auch eine Zeitlang allein, wobei er unter anderem den einhändigen Trommelwirbel vorführte, der wohl allen Concerto-Besuchern noch gut in Erinnerung ist.

Zu guter Letzt warf Ian dann wie üblich seine Sticks in die Menge, und ich hatte das Glück, einen davon zu fangen (ohne Handgemenge...), was mir von einem befreundeten und ebenfalls anwesenden Schlagzeuger etwas übelgenommen wurde...

Nach den geforderten Zugaben (wir mußten ziemlich lange rufen und klatschen, anscheinend gibt es in der Zeche recht strikte Regelungen bzgl. Ruhezeiten), holten sich Ian und Pete Stühle und signierten eine Ewigkeit lang alles, was ihnen vom Publikum angereicht wurde. Drumsticks und Poster wurden verkauft und auch gleich signiert. Alle Musiker waren auf der Bühne, bis die letzten treuen Fans die Halle verlassen hatten, und gaben Autogramme oder beantworteten weitere Fragen. Bei der Gelegenheit konnte ich Ian noch nach Jon Lord fragen, dessen Knieverletzung ihn in letzter Zeit von der Bühne ferngehalten hat. Er ist auf dem Wege der Besserung, anscheinend weiß aber niemand so genau, wo die Verletzung ursprünglich herkam (Ian mutmaßte Skifahren oder auch die einseitige Belastung beim Hammond-Spielen). Nachdem ich mich dann noch mit einem Aviator-Fanclub-Mitglied unterhalten hatte, war es für uns Zeit, langsam aufzubrechen, natürlich nicht ohne vorher noch ein Bierchen in der Kneipe zu nehmen.

Alles in allem war es ein perfekter Abend, alle hatten ihren Spaß, es war etwas ganz anderes, als Ian immer nur bei Deep Purple hinter dem Schlagzeug zu sehen - plötzlich war er ganz nah, und er wirkte wie ein wirklich netter Mensch. Einziger Kritikpunkt des Abends: es war viel zu schnell vorbei - die Jungs hätten ruhig noch die ein oder andere Stunde plaudernd und spielend auf der Bühne bleiben können.

Wer es sich hat entgehen lassen, hat wirklich was verpaßt. Aber Pete erwähnte auch, daß diese Minitour zum Vorfühlen gedacht ist - es besteht also durchaus Hoffnung, daß es Ähnliches in der Zukunft wieder geben wird.

Lars Wehmeyer

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